Das Interview führte Herbert Hering-Heidt, 15.2.24
Herbert Hering-Heidt: Die Fotografien aus Deiner Serie „twisted nature“ sind sehr experimentell, sehr farbstark und dynamisch. In der Tat ist „Wegsehen - zwecklos!“ Sie ziehen durch ihre Bildgestaltung unseren Blick an. Gilt das auch für Deine anderen Arbeiten?
Ute Schaeffer: „Auf jeden Fall! „Twisted nature“ nimmt Bezug auf unseren Umgang mit der Natur, akzentuiert Schäden und Störungen. Wegsehen wird nicht gehen, denn zugleich ziehen starke Farben und Doppelbelichtungen unseren Blick an. Es geht mir um diesen „Twist“: die Spannung zwischen der Schönheit von Natur und dem Eingriff durch Mensch, Technik, Chemie.
Herbert Hering-Heidt: Ambivalenzen und Disruption prägen unsere Zeit: Regeln werden ausgesetzt, Empörung, Desinformation, deep fakes überlagern die Fakten. Wir rätseln - auch bei den Bildern, die uns umgeben- was ist Fakt? Und was erfunden und manipuliert? Bewegt dich diese Frage fotografisch?
Ute Schaeffer: Sie bewegt mich seit vielen Jahren als Journalistin und sie ist auch ein wichtiger Treiber für meine fotografische Arbeiten: Mich interessiert, welche unterschiedliche Perspektiven auf ein Objekt, ein Motiv oder ein Thema es gibt. Und wie sich diese miteinander im Bild verbinden lassen. Ich bin zutiefst überzeugt, dass uns gerade die Vielfalt von Meinungen und Perspektiven als Gesellschaft weiterbringt. Diese Unterschiede sind zu verhandeln. Anstelle von Empörung und Abgrenzung ist es besser, sie zu integrieren oder als Unterschied nebeneinander stehen zu lassen. Deshalb arbeite ich in meinen fotografischen Arbeiten sehr gerne mit Collagen oder mit Doppelbelichtungen. Für mich passen sie gestalterisch sehr gut zu unserer Zeit mit ihren tiefgreifenden Veränderungen. In der Serie „twisted nature“ geht es dabei um unseren Umgang mit der Natur. In anderen Projekten ist es der Umgang mit Identität, mit Geschichte und Erinnerung, mit Fakten und Desinformation.
Herbert Hering-Heidt: Was hat Dich zur Fotografie gebracht?
Ute Schaeffer: Um es ganz einfach zu formulieren: ich bin eine Geschichten-Erzählerin! Das Reisen, das Fragenstellen und das Berichten haben meine berufliche Arbeit als Journalistin geprägt – und das prägt auch meine Fotografie. Lange Zeit waren das dokumentierende Reportagebilder und Portraits. In meiner aktuellen freien fotografischen Arbeit geht es mir aber um einen experimentellen fotografischen Blick auf eine Welt voller Spannungen und Widersprüche.