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Herbert Hering-Heidt

Text von Ute Schaeffer über Herbert Hering-Heidt

 „Und dann war die Dunkelkammer einfach weg.“ Herbert Hering-Heidt steht vor den Resten des Gartenhauses hinter seinem Wohnhaus in Bad Münstereifel. Es sind nur noch einige Wände und die Balken übrig geblieben, nachdem die Flut ging. Vier Jahre ist das nun her. Herbert wird das Gebäude wieder aufbauen. Die Dunkelkammer aber nicht. „Ich hatte schon zuvor vollständig auf digitales Arbeiten umgestellt. Ich vermisse eigentlich nichts aus der analogen Arbeit.“

Seine aktuellen Portraits zeigen die Menschen, denen er begegnet aus seiner Nachbarschaft, in der Stadt. Die lettische Artistin, die sich täglich mit einem Freund trifft, zum Tee trinken auf einer Bank. Oder Matthias, der in einem kleinen Holzschuppen lebt und es sich dort eingerichtet hat. Eine Serie über junge MigrantInnen. Bilder, die Menschen in Lebenssituationen und in ihrem Alltag zeigen. Hier blitzt der fotojournalistische und dokumentierende Blick des Fotografen auf, der hinsieht und zugleich die Geschichte dahinter in seinen Bildern anspricht: „Das alles sind Menschen, denen ich hier sehr regelmäßig, manchmal täglich begegne. Irgendwann spreche ich sie an, um ein Foto zumachen. Mich interessiert die Situation und es gibt so oft auch eine interessante Geschichte hinter dem Motiv.“ Diese interessante Geschichte hinter dem Motiv führte auch zu eigenen umfassenden Serienideen, wie die Idee einer Portraitreihe aus einer Flüchtlingsunterkunft.

Neben diesen eher dokumentierenden Reportagebildern gibt es Portraits, deren Komposition an die klaren, überlegt komponierten Portraits von August Sander erinnern: „Die Portrait- Fotografie ist auf jeden Fall ein wichtiger roter Faden für meine Arbeit. Neben Sander gibt es eine Reihe anderer Fotografen, die mich inspiriert haben: Irving Penn, Richard Mapplethorpe und auch Henri Cartier-Bresson.“

Hier und da sind diese Inspirationen gut zu erkennen, wie zum Beispiel in der umfangreichen schwarz-weiß Portrait Serie zu den Fernfahrern, die in ihrer Licht- und Bildgestaltung an Richard Avedons eindrückliche Portraits erinnern, die immer auch die Lebensgeschichte und die soziale Situation ihrer Protagonisten mit erzählt.


Im Zentrum der fotografischen Arbeit von Herbert stand schon seit seinem Einstieg in den Beruf Anfang der 80er Jahre, dem Abschluss seiner fotografischen Ausbildung und des Studiums der Fotoingenieurwissenschaft das Portrait und die journalistische Fotografie. In seinem ersten „Atelier für Werbung und Kunst“, dass er 1984 mit einem Freund gründete und als freier Journalist war er vor allem diesen beiden Formen aber auch der Objektfotografie verpflichtet. In seinem Atelierraum lässt sich diese Vielfalt nachvollziehen: die junge Angela Merkel vor einem schwarz rot goldenen Hintergrund. Eine Farbfotografie für den Spiegel. Schwarzweiße Aufnahmen von Gipfeltreffen: Tony Blair, Gerhard Schröder, Joschka Fischer „in action“. Das politische Bonn, damals noch Bundeshauptstadt, war ein abwechslungsreicher Arbeitsplatz. Über viele Jahre hat Herbert für große Zeitungen und Redaktionen wie die Zeit, die Süddeutsche oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung fotografiert.

Warum er Fotograf geworden ist? Und als Student der Geschichte, Germanistik, Philosophie dann die Geisteswissenschaften gegen die Fotografie getauscht hat, die kleine Kodak Instamatic gegen professionelle Kameras? „Die Fotografie gehörte für mich stets dazu. Das wollte ich professioneller machen. Ich glaube, das war für einen neugierigen Menschen wie mich, die richtige Entscheidung: Als Fotograf kommst Du überall hin, Du triffst interessante Menschen und auf überraschende Situationen – Und Du kannst Fragen stellen!“


© Wegsehen-zwecklos