Tobias Kern antwortet Rosa Frank
Tobias D. Kern - Lichträume
Rosa: Tobias, dein Atelier in Köln-Mülheim liegt in einem zentral gelegenen ehemaligen Industriegebiet in der Schanzenstraße, wo auch das Kölner Schauspielhaus seinen Sitz hat. Es gehört zu deiner Agentur, dem Atelier für Mediengestaltung, und beherbergt gleichzeitig den derzeit einzigen Projektraum für künstlerische Photographie im rechtsrheinischen Köln, die schaelpic photokunstbar. Ein außergewöhnlicher Treffpunkt, an dem regelmäßig Ausstellungen, Künstlergespräche, Vorträge und Workshops stattfinden. Was ist dir wichtig, was möchtest du mit Fotografie vermitteln?
Tobias: Fotos sind emotional. Sie wirken direkt, berühren und treffen mitten ins Herz. Ich möchte, dass Menschen über Bilder ins Gespräch kommen, über das, was sie bewegt, was sie wahrnehmen. Denn Fotografieren in künstlerischen Projekten bedeutet für mich nicht, die Wahrheit zu zeigen, sondern eine persönliche Haltung und Einstellung zur Welt zu vermitteln. Die eigene Wahrnehmung ist immer auch eine Wahrheit, aber eine subjektive Sichtweise und, wenn man so will, meine subjektive Wahrheit.
Rosa: Was ist deine Leidenschaft?
Tobias: Meine Leidenschaft ist die Schwarz-Weiß-Fotografie. Ich fotografiere mit einer modernen, analogen ARCA SWISS Kamera im Negativformat 4 x 5 inch und 8 x 10 inch (20 x 25 cm) und entwickle die Negative und Abzüge im eigenen Labor. Obwohl es die Möglichkeit gibt, mit modernen digitalen Kamerasystemen mit vergleichsweise geringem Gewicht und Volumen zu arbeiten, liebe ich diese Technik. Die großformatigen analogen Kameras zwingen mich zu einer konzentrierten und überlegten Arbeitsweise, gerade WEIL die Systeme schwer und groß sind und die Arbeit immer ein Stativ erfordert. Das entspricht auch meinem Wesen, meiner Herangehensweise an ein Thema und Motiv.
Rosa: In deinen künstlerischen und auch kommerziellen Arbeiten fällt die Auseinandersetzung mit dem Raum auf, sei es in der Natur oder im urbanen Raum. Mir scheint, du hast dein eigenes räumliches Radarsystem, ein Echolot für Lichträume, das dir eine besondere Ausdrucksweise ermöglicht. Wo fotografierst du am liebsten? Gibt es bestimmte Situationen/Orte, die du aufsuchst, die dich fotografisch anziehen?
Tobias: Ich bin sehr gerne in der Natur.
In der Ausstellung „Wegsehen zwecklos“ zeige ich meine Arbeit „Versuch zu Büchners Lenz“. Anfang letzten Jahres habe ich mich auf die Wanderungen des Dichters Lenz begeben, wie sie Georg Büchner Mitte der 1830er Jahre beschrieben hat. Mein Ziel war es, die Wanderungen des vermutlich an Schizophrenie erkrankten Lenz in dieser unwirtlichen Gegend nachzuvollziehen und meine eigenen Erlebnisse und Erfahrungen auf den Wegen in Fotografien umzusetzen.
Auch Projekte wie „Hartmannswillerkopf“ über eine im Ersten Weltkrieg hart umkämpfte Bergkuppe in den Südvogesen, „Wissende Heiterkeit - Photographien zu Heideggers Feldweg“, „Stigmata“, inspiriert von Baummarkierungsanweisungen für Waldarbeiter und „Hier wohnt Sophia“ über Architekturen von Kindern im Wald sind in der Natur entstanden. Immer geht es aber auch um das Verhältnis des Menschen zur Natur, um seine gesellschaftlichen Bedingungen und persönlichen Möglichkeiten. Insofern verbinden, überlagern und spiegeln sich in meinen Fotografien äußere und innere Räume und Architekturen.
Rosa: Hast du eine Vorliebe für bestimmte Lichtstimmung?
Tobias: Ja - ich liebe Gegenlicht.