5 Fragen von Stephan Fengler an Ludolf Dahmen
Wie wurde die Fotografie zu deinem Berufswunsch?
Ich hatte zur Fotografie eigentlich überhaupt kein besonderes Verhältnis und auch keine Ahnung, dass ich ein Talent dafür habe. Es war einfach Zufall: Der Vater einer meiner engsten Freunde ist ein ambitionierter Hobbyfotograf und Sammler von Fotografien. Mein Freund zeigte mir damals die Dunkelkammer, wir probierten ein bisschen aus – und da hat es irgendwie „Klick“ bei mir gemacht. Ich bekam eine Ahnung davon, dass dies etwas für mich sein könnte, da mich die Mischung aus Handwerk und Kreativität ansprach. Eigentlich wollte ich zu dieser Zeit als Teenager gerne Schauspieler werden (was aus mangelndem Talent eh nie etwas geworden wäre…), begriff aber zunehmend, dass die Schauspielerei vielleicht doch mehr ein Synonym für den Wunsch war, mich auszudrücken zu können. Mit der Fotografie fand ich dann diese Möglichkeit.
Was war dein schönstes Erlebnis als Fotograf ?
Es gibt unzählige Erlebnisse, die ich in meinem Beruf sehr schön finde: Immer wieder in neue Situationen zu geraten, viele Menschen kennenzulernen, Türen, die sich öffnen, hinter die man sonst nicht gucken könnte – all dies weiß ich sehr zu schätzen. Aber: Der Beruf (ich mache diesen seit nunmehr 26 Jahren) ist auch ein Stückweit Alltag geworden, deshalb schwelge ich manchmal auch in nostalgischen Erinnerungen an die Anfänge während des Studiums oder die ersten Jahren im Job. Herausheben möchte ich hier die Auslandsstipendien, die ich erhielt: Zwei davon führten mich nach Japan. Das waren für mich echte Highlights. Aber auch die Gegenwart bietet diese. So wurde meine freie Arbeit über Menschen und ihre Tiny-Häuser von einem Verlag als eigenes Magazin herausgebracht. Darüber habe ich mich sehr gefreut.
Was war dein skurrilstes Erlebnis als Fotograf?
In einem meiner ersten redaktionellen Jobs nach dem Studium sollte ich eine Kabarettistin fotografieren. Leider entpuppte sie sich als gar nicht wirklich lustig. Wir gerieten sehr schnell in Meinungsverschiedenheiten über meine Lichtsetzung, schliesslich schmiss sie mich nach ein paar Minuten raus, ich hatte gerade mal drei Bilder belichtet. Obwohl sie sich später beim Kunden (nicht bei mir) für ihr wirklich skurrilles Verhalten entschuldigte, habe ich (natürlich) nie wieder einen Auftrag von dem Magazin erhalten. Ich sehe es im Nachgang aber mit Humor, ich war halt noch unerfahren und nervös, sie extrem schlecht gelaunt – keine gute Kombination in dem Moment.
Wie wichtig ist dir die Interaktion mit den Menschen, die du fotografierst?
Sehr wichtig natürlich. Es war immer klar, dass es die Menschen und ihre Geschichten sind, die mich als Fotograf interessieren. Um Menschen zu fotografieren, muss man kommunikativ sein, das bin ich von Natur aus. Damit habe ich eine Chance, dass sich die Personen mir gegenüber öffnen. Denn man darf nicht vergessen, was für ein Privileg es ist, für eine gewisse Zeit in das Leben von Personen einzutauchen – aber auch, was für eine Verantwortung damit einhergeht. Respekt vor den von mir abgebildeten Personen ist mir deshalb immer sehr wichtig. Ist diese Vetrauensbasis da, ist es ein Riesengeschenk, wenn die Leute dich teilhaben lassen. Man lernt dabei so unglaublich viel über die Personen, ihre Lebensumstände, ihren Beruf, … – und damit letztendlich auch über sich selbst. Aber auch bei Jobs, wie z.B. Mitarbeitenden-Portraits einer Firma, wo man die Personen nur ganz kurz vor der Kamera hat, empfinde ich die Interaktion als sehr wichtig, und sei es nur, um den Personen beim Fototermin eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, denn nicht jede(r) wird ja schliesslich gerne fotografiert.
Was würdest du dir fotografisch für die Zukunft noch wünschen?
Für mich persönlich wünsche ich mir mehr Zeit für freie Projekte, denn diese sind in den letzten Jahren viel zu oft auf der Strecke geblieben. Freie Arbeiten sind aber letztendlich so wichtig, um sich fotografisch weiter zu entwickeln und ohne kommerzielle Notwendigkeiten die Themen aufzugreifen, die einen im tiefsten Herzen wirklich beschäftigen.
Für die Fotografie im Allgemeinen wünsche ich mir eine Behauptung der eigenen Stärke gegenüber den zunehmend KI-generierten Bildern, die ich gerade im journalistischen Kontext als eine riesige Gefahr für unsere Demokratie empfinde.